Freunde

Alfred Martin Strasse 9

Werner Heymann

Mein Leben vor und nach Auschwitz

(Mein Himmelblaues Akkordeon*)

Werner lernte ich durch unsere gemeinsamen Freundinnen Adele Zimmermann und Annemarie Wilbudies in Chile kennen.

2001 traf ich mich öfters mit Werner im Cajon de Maipo und in San Bernardo auf seinem Anwesen.

Dort legte er mir auch sein Manuskript vor.

Alsbald entstand die Idee es in lesbarer Form mit Bildern zu illustrieren und einer grösseren Leserschaft zugänglich zu machen.

Erste lesbare Teile wurden bei Annemarie in Canelo erstellt.

Zurück in Deutschland wurde dann eine Form mit Stichwortverzeichnis und Bildern verfasst.

Nach dem Abschluss dieser Arbeiten übersandte ich eine Kopie an das Fritz Bauer Institut nach Frankfurt, damit dieses Zeitzeugnis erhalten bleibt.

Das komplette Werk ist hier als PDF Datei zugänglich.


* Seit 2008  ist unter der ISBN 3-938826-11-3 im Stefan Kronsbein Verlag, Krefeld unter dem Titel „Mein himmelblaues Akkordeon - Erinnerungen eines Krefelder Auschwitz-Überlebenden“ eine gekürzte Version veröffentlicht worden.

Schon oft kam mir der Gedanke, dass, wenn ich einmal älter bin und nicht mehr so viel schaffen kann, ich mich einfach hinsetzen würde und DRAUFLOS SCHREIBEN, was sich so in meinem Leben so abgespielt hat. Aber das war wohl viel zu schnell gesagt, denn ich kann noch immer ganz gut arbeiten, wenn auch oft die Glieder schmerzen und man rascher müde wird, und vor allen Dingen muss ich noch immer weiter arbeiten, denn noch immer bin ich beim Aufbauen und möchte es auch eigentlich immer bleiben; denn müßige Gedanken bringen doch meistens nur Bitternis und Unruhe. Und nichts ist besser als die ständige Arbeit, um diese Unruhe nicht aufkommen zu lassen. Nur nachts kriege ich so hin und wieder meinen geheimen Koller und ich bin nun schon in dem Alter, wo man viel in der Vergangenheit herumschweift, wo man auf einmal denkt: Ja was machst Du denn alleine hier auf diesem Gut in Südamerika? Oder: Jetzt bist Du schon über 50 Jahre in diesem fremden Land, voller anderer Sitten, Kulturen und Gewohnheiten, anderer Landschaft, anderem Klima, und beschäftigst Dich mit ganz anderen Dingen, als jenen, die man wohl, als Du noch ein Kinder Dingen, als jenen, die man wohl, als Du noch ein Kind warst, für Dich gedacht hätte.

Als Kind einer Mittelklasse Handwerkerfamilie, wohl behütet von den ELTERN, der OMA und den älteren GESCHWISTERN, von allen verhätschelt, und verwöhnt und vollkommen unkompliziert. Ein gesunder und strammer blonder DEUTSCHER JUNGE, der prima essen konnte und stolz die muskulösen Beine den Kunden seines VATERs in der Metzgerei zeigen musste, weil die behaupteten, dass viel Fleisch essen nicht gesund sei.Komm doch mal her, Männeken und lass die Frau Doktor Deine Schenkel anfühlen, damit sie auch fühlt, wie gesund Du durch das gute Essen bist! Natürlich waren die Hosen immer besonders kurz und etwas zu eng am Bein. Nur die ledernen Tirolerhosen, die noch nach oben umgeschlagen wurden, waren loser, aber bei weitem nicht so lose wie bei den anderen Jungen. Mein drei Jahre älterer BRUDER KURT war ein pingeliger Esser und hatte auch dementsprechende Muskeln, war aber ein guter Boxer und Ringer, während ich gut Fußball spielte, gut schwamm und sehr gut und viel Rollschuh lief in den engen und alten Strassen und Gassen der Altstadt. Hier kannte mich jeder; die Nachbarn im Alter meines PAPAS waren schon seine Spielkameraden gewesen und deren Eltern waren wie meine OPAS und OMAS. Die OMA BOHLE von nebenan holte mich oft zum Spielen, auf deren großen Hof, wo die Küfer arbeiteten, und ein großer brauner JAGDHUND ROLF, darauf wartete, dass ich ihn von der Kette löste und mit ihm spielte.

wartete, dass ich ihn von der Kette löste und mit ihm spielte.


Zuerst aber musste er mir HÄNDCHEN GEBEN. Dann kamen oft die TANTE UND ONKEL BOHLE und sprachen zu mir wie zu einem viel kleineren Kind und voller Liebe. Eine der Töchter ging ins Kloster, das war die TANTE MARTHA. Der Sohn ONKEL WILLI, erzählte mir oft, dass er meinem PAPA das Leben verdanke, weil dieser ihm, als der Nachbar einmal nachts etwas angetrunken nach Hause gekommen und versehentlich mit der Hand durch die Fensterscheibe gestoßen war, und sich dabei die Pulsader aufgeschlagen hatte, ihm den Arm abgebunden ins Krankenhaus brachte, wo er gerettet wurde.

Ja aber ich wollte ja nicht vorausgehen mit meinen Reminiszenzen, und morgen will ich versuchen, weiter zu berichten. Vielleicht wird noch etwas daraus was uns und andere interessiert...